Die verkannte Kunst der Mitarbeiterführung in den Notariaten.

Strategische Kanzleiführung. Notarberatung

(Teil 1 von 2)
Lesezeit: ca. 7 Minuten

Prolog

Sie fragen sich, warum ausgerechnet mein erster Blogbeitrag den Notaren gewidmet ist? Ganz einfach: Ich kenne die Tücken und Herausforderungen dieses Berufsstandes wie meine Westentasche. Seit 2011 bin ich in diesem Bereich aktiv und habe schon so manches „Notar-Schiff“ in stürmischen Zeiten erlebt und Impulse für eine mögliche Kursänderung gegeben. Auch als Anwalt oder sonstige Führungsperson können Sie aus den kommenden Beiträgen einige Impulse mitnehmen.

Der Notar und seine Mitarbeiter

Ihre Rolle als Notar
In der Segelmetapher noch einen Moment zu bleiben: Sie sind der Kapitän Ihres Kanzleischiffs. Aber wie sieht es mit Ihrem Navigationsgeschick aus? Sind Sie der Typ, der präventiv agiert oder reagieren Sie nur, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist? Verfolgen Sie eine Strategie? Und welche Unternehmenskultur möchten Sie an Bord? Eine, die von Teamgeist und Offenheit geprägt ist, oder doch eher eine von Einzelkämpfern und Silo-Denken? Ihre Antworten auf diese Fragen haben direkten Einfluss auf Ihr Unternehmen, Ihre Führungsqualitäten und die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter. Dies geschieht unabhängig davon, ob Sie es beabsichtigen.

Mitarbeiterführung: Der blinde Fleck der Notare
Als Notar sind Sie ein juristisches Ass und sind für Ihre Klienten unverzichtbar. Sie sind für zahlreiche wichtige Verträge verantwortlich und müssen dabei sowohl ethische als auch rechtliche Standards wahren. Im Gegensatz zu Rechtsanwälten vertreten Sie keine Parteiinteressen, sondern handeln unparteiisch und unabhängig. Dies trägt dazu bei, dass deutsche Notare und Urkunden weltweit hohes Ansehen genießen. Zu Recht. Aber wie steht es um Ihre Führungsqualitäten? Ein gutes Team ist unerlässlich, um die Kanzlei auf Kurs zu halten. Und das ist nicht nur eine Frage der Rhetorik, sondern harte Realität.

Der Notar und das Team

Das direkte Team eines Notars besteht z. B. aus: Frontoffice (Empfangsassistenz), Backoffice (Ausfertigungskräfte, Auszubildende, Buchhaltung, Personal für Botengänge, studentische Aushilfskräfte), Fachpersonal (Notarfachangestellte, Notarfachwirte, Notarreferenten und Justiziare). Ferner arbeitet das Notariat mit externen Dienstleistern, Organisationen und Behörden “zusammen”. Das sind Notarsoftwareanbieter, Bundesnotarkammer (insbesondere NotarNet) und die zuständige Landesnotarkammer, Anwälte, Steuerberater, Banken, Gerichte, Deutsches Notarinstitut (DNotI), Makler, Bauträger, um nur einige zu nennen. Die Qualität der Beziehung zu diesen Akteuren hat direkte Auswirkungen auf den täglichen Büroablauf.

Merksätze
In der modernen Kanzleiwelt geht es nicht nur um Gesetzestexte und Verträge. Es geht um Menschen, Beziehungen und die Kunst, all diese Elemente zu einem harmonischen Ganzen zu verweben. Sie sind mehr als nur ein Notar – Sie sind eine Führungskraft.

Notar als Führungskraft: Jurist und Teamleiter in Einem

Hand aufs Herz: Haben Sie jemals über Ihre Führungsqualitäten nachgedacht? Wie schon erwähnt, ist die Mitarbeiterführung eine Kunst, die sowohl Zeit und Mühe als auch die Bereitschaft erfordert, in die Teamentwicklung zu investieren. Stimmen Sie mir hier zu? Wenn Sie in der Rolle einer Führungskraft kritisiert werden, dann wird selten Ihre juristische Expertise kritisiert. Vielmehr stehen dabei Ihre Softskills im Fokus der Mitarbeiter. Softskills sind Fähigkeiten wie z. B. Kommunikation, Empathie und Konfliktlösungskompetenz. Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass ihre Bedürfnisse und Anliegen gehört und ernst genommen werden. Diese Softskills helfen Ihnen, Ihre Mitarbeiter, Sozien und auch Kunden besser zu verstehen. Ich lade Sie ein, sich mit mir auf eine Reise der Selbstreflexion zu begeben.

NOTARTEC RAMIZA SCHOENE

Kommunikation: Die stille Botschaft

Paul Watzlawick sagte es bereits: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Bedenken Sie, dass jede Ihrer Handlungen – oder das Fehlen davon – eine Botschaft an Ihr Team sendet. Ignorieren Sie zum Beispiel eine Gehaltsanfrage eines Mitarbeiters, senden Sie damit eine klare, wenn auch stumme Botschaft. Wenn der Mitarbeiter einen ungünstigen Zeitpunkt für diese Frage gewählt hat, können Sie diesem trotzdem antworten. Die Lösung könnte so simpel sein wie: „Ihre Anfrage habe ich nicht vergessen. Wir sprechen darüber am …“. Im zweiten Teil des Blogbeitrages werde ich Ihnen weitere Beispiele nennen.

Die Ausbildungs-Lücke

Ihr Jurastudium hat Sie darauf vorbereitet, Gesetze zu interpretieren, aber wie steht es um das menschliche Element der Führung? Softskills wie Empathie, Kommunikation und Konfliktlösung werden meist übersehen. Ein Grund könnte sein, dass Softskills nicht als Kernkompetenzen der juristischen Ausbildung betrachtet werden. Angehende Juristen werden in erster Linie auf die Anwendung von Rechtsnormen und die Beratung von Mandanten bzw. Klienten vorbereitet. Die Softskills spielen dabei keine Rolle. Das erscheint mir widersprüchlich, insbesondere weil viele Juristen eine Führungsposition anstreben. Zumindest noch.

Eine kurze Einführung in diese Themen während des Studiums könnte Wunder wirken.

Natürlich existieren auch ‚geborene‘ Führungskräfte, was man als unfair empfinden könnte. Allerdings geht es auch nicht darum, die geborene Führungskraft zu sein, sondern vielmehr mit sehr bekannten Methoden, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der zumindest die Grundlagen stimmen, auf die hier noch eingegangen wird.

Eine weitere Herausforderung ist, dass es schwierig sein kann, Führungskompetenzen zu erlernen. Viele Führungskräfte lernen durch Erfahrung und Beobachten, z. B. von Vorbildern. Doch, wenn ein Notar keine Vorbilder hat, kann es schwierig sein, Führungskompetenzen zu entwickeln.

Selbst in fortgeschrittenen Phasen der juristischen Ausbildung und Karriere gibt es wenig formelle Angebote zur Entwicklung von Führungskompetenzen, es sei denn, man nimmt selbst an Seminaren, Webinaren oder Coachings teil. Niemand wird als perfekte Führungskraft geboren. Aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung: von Seminaren über Webinare bis hin zu praktischen Erfahrungen.

Realitätscheck

Erschwerend hinzukommt, dass Sie als Führungskraft immer mehr im Blick behalten müssen. Sie beurkunden und beglaubigen nicht nur. Auch sind Sie nicht nur dafür zuständig, Personal auszuwählen und einzustellen. Sie haben viele gesetzliche Anforderungen zu beachten. Währenddessen wandelt sich die Gesellschaft. Wir werden digitaler. Wir sollen flexibler sein. Das Fachpersonal wird weniger, während der Nachwuchs ausbleibt. Meiner Meinung nach befindet sich die Gesellschaft im größten Umbruch seit der Industrialisierung. Einige scheinen das nicht begriffen zu haben. Was ich damit sagen will: ich verstehe Sie absolut. Es kann manchmal sehr mühsam sein, ein Team zu führen. Ich werde in dem zweiten Teil noch näher darauf eingehen und Ihnen hoffentlich neue Impulse geben können.

Bei der ganzen Diskussion, dürfen wir auch nicht vergessen, dass Sie als Arbeitgeber auch nur ein Mensch sind. Selbstverständlich besteht Ihr Leben nicht nur aus dem Kanzleialltag. Zumindest wünsche ich es Ihnen. Sie sind ein Mensch, der genauso auch schlechte und genervte Tage haben darf. Auch sind Sie Partner oder Elternteil und haben Zuhause vielleicht auch nicht immer rosige Zeiten. Sie sind vielleicht gesundheitlich angeschlagen oder kämpfen täglich mit einem ausgeprägten Persönlichkeitsmerkmal. Vielleicht müssen Sie ein Familienmitglied pflegen, vielleicht haben Sie den Tod einer Ihnen lieben Person zu verschmerzen. Um es abzukürzen: Sie haben genauso ein Privatleben, wie Ihre Mitarbeiter.

Umso wichtiger ist es, dass der Büroalltag funktioniert. Privat haben Sie vielleicht nicht alles in der eigenen Hand, aber im Büro schon. Zumindest mehr als privat.

Merksätze

Ihre Mitarbeiter senden Ihnen ständig irgendwelche Botschaften. Mal verbal mal non-verbal; reagieren Sie darauf. Sich fortzubilden oder um Unterstützung zu fragen bedeutet nicht, Schwäche zu zeigen, sondern den Wunsch, sich und das Team stetig zu verbessern. Das ist sehr verantwortungsvoll.

Hintergründe und mögliche Auswirkungen: Von der Klage zum Klartext

Fachkräftemangel: Mehr als nur eine leere Phrase

Seit ich 2011 in die Notarbranche eingestiegen bin, ist der Begriff „Fachkräftemangel“ allgegenwärtig. Aber was steckt dahinter? Die Arbeit eines Notariatsangestellten ist so vielseitig, interessant und es sind viele Fähigkeiten gefragt. Warum bleiben viele nicht in der Branche? Warum entscheiden sich so wenige für den Beruf und die Ausbildung? Was ich in den Jahren beobachtet habe: Mitarbeiter bleiben, wo sie sich wertgeschätzt fühlen. Wo sie eine Vision sehen. Wo sie geführt werden. Ich habe in meinen bisherigen Rollen viel über die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung nachgedacht, gelesen und mich ausgetauscht. Eigentlich ist Mitarbeiterführung kein Hexenwerk. Wissen Sie, was Ihre Angestellten wirklich von Ihnen wollen oder erwarten? Wieso interessiert es Sie nicht? Wissen Sie wirklich, warum Ihre letzten Angestellten gekündigt haben? Ich meine, die echte und ungeschönte Wahrheit. Diese wird oft nicht gesagt, weil manche davon ausgehen, ein schlechtes Arbeitszeugnis am Ende zu bekommen. Den wahren Grund zu kennen, ist Gold wert.

Die Auswirkungen mangelnder Führung: Ein Teufelskreis

Viele Notare und auch Anwälte sind hervorragende Juristen, aber manche sind leider keine gute Teamleiter. Das Resultat? Beispielsweise: Ein unzufriedenes und unmotiviertes Team kann das Arbeitsumfeld beeinträchtigen, die Produktivität senken und die Mitarbeiterfluktuation erhöhen. Und das sind nur die offensichtlichen Symptome. Es geht tiefer. Es kann das Büroklima nachhaltig verschlechtern und zu einem schlechten Ruf Ihrer Kanzlei führen. Klar, es klingt sehr übel, aber es ist wichtig, das Problem und die Zusammenhänge zu erkennen.

Ein Beispiel

Ein einfacher Indikator, dass etwas schief läuft? Wenn Sie mehr Zeit damit verbringen, schlechte Online-Bewertungen zu korrigieren, als sich um Ihr Team zu kümmern. Dieser Moment sollte ein Weckruf sein, um Ihre Prioritäten neu zu sortieren.

Der Weg zur Verbesserung: Bildung und Aktion

Erkennen ist der erste Schritt zur Besserung. Der zweite ist Bildung. Und der dritte, entscheidende Schritt ist das Handeln. Es gibt verschiedene Wege zur Verbesserung: Weiterbildung, Mentoring oder schlicht das offene Gespräch mit Ihren Mitarbeitern. Der Schlüssel liegt in der Kommunikation und Zusammenarbeit.

Inklusion: Führung ist Teamarbeit

Die Einbeziehung Ihres Teams in die Führungsarbeit kann Wunder wirken. Es stärkt das Vertrauen und verbessert die Qualität der Arbeit. Denn echte Führung ist immer ein Dialog, keine Einbahnstraße.

Ausblick: Die Reise hat erst begonnen

Das ist nur der Anfang unserer Diskussion über die Kunst der Führung in der Notarbranche. Im nächsten Teil werden wir uns konkreten Lösungen widmen. Also, bleiben Sie dran!

Sie möchten über mich etwas erfahren und die Wartezeit bis zum nächsten Blogbeitrag überbrücken: Lesen Sie gerne hier weiter.

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